Was sind eichfähige Waagen?
Eichfähige Waagen sind technisch und auch rechtlich von hoher Bedeutung. In zahlreichen Branchen und Industrien kommen eichfähige, beziehungsweise geeichte Wägesysteme zum Einsatz, etwa im Handel und in der Logistik. Überall dort, wo es der Gesetzgeber fordert, ist Eichfähigkeit eine wichtige Voraussetzung. Dies gilt auch für moderne Automatisierungsanwendungen und selbsttätige Wägesysteme. Die Anforderungen entsprechen dem Eichgesetz, das die europäische Messgeräterichtlinie umsetzt.
Definition und Abgrenzung
Eine Waage gilt dann als eichfähig, wenn ihre Bauart durch eine zugelassene Behörde zur Eichung zugelassen ist. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) oder gleichrangige Behörden in den EU-Ländern übernehmen diese Prüfungen.
Ebenso ist es möglich, dass die Konstruktionsart der Waage oder des Messgeräts allgemein zur Eichung zugelassen ist. Dies trifft allgemein bei relativ einfach gehaltenen Konstruktionsweisen zu. Bei der Eichfähigkeit ist weiterhin zu unterscheiden zwischen einer innerstaatlichen und einer europäischen Zulassung.
Im Hinblick auf die Eichung sind die Begriffe eichfähige Waagen und geeichte Waagen zu unterscheiden. Bestellen Sie eichfähige Waagen ungeeicht, können diese Waagen gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt geeicht werden.
Gemäß gesetzlicher Bestimmungen ist es nur dem Hersteller der Waage gestattet, vor Auslieferung der Waage eine Ersteichung durchzuführen. Das heißt in der Praxis, dass auch Eichämter diese Eichung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr durchführen (mit Ausnahme bestimmter Industriewaagen bestimmter Hersteller). Im Handel erhalten Sie daher eichfähige Waagen meist bereits in geeichter Version.
Stellenwert und Relevanz eichfähiger Waagen
In Deutschland sind im gewerblichen Bereich nur geeichte Waagen zulässig. Die juristische Grundlage basiert auf der europäischen Messgeräterichtlinie MID 2004/22/EG. Diese ist in dieser Form seit 2006 in Kraft. Die Passage MI-006 bezieht sich dabei auf selbsttätige Waagen. Nach dieser Richtlinie entfällt die bis dato erforderliche Ersteichung durch eine Prüfstelle oder eine Eichbehörde.
Stattdessen obliegt es den Herstellern der Waagen, eine Konformitätsbewertung durchzuführen. In diesem Zusammenhang ist die CE-Kennzeichnung von Bedeutung. Die deutsche Umsetzung dieser Messgeräterichtlinie findet sich im deutschen Mess- und Eichgesetz (MessEG).
In Branchen wie Handel und Logistik sind nichtselbsttätige und geeichte Waagen der Standard. Sie kommen in verschiedenen Anwendungen zum Einsatz, beispielsweise beim Abfüllen oder Verladen von Gütern. Die Eichung dient der Konformitätsfeststellung und ist daher eine wesentliche Voraussetzung für den lauteren Handelsverkehr.
Grundsätzlich gibt es gerade beim Handel mit großen Mengen gewogener Güter eine gewisse Versuchung, Waagen zu manipulieren. In großen Schiffsladungen geht es beispielsweise oft um Güter im Wert mehrerer Millionen Euro, weshalb es auf Präzision und Verlässlichkeit der beim Wiegen eingesetzten Messgeräte ankommt.
Eichgesetz und Eichordnung
Das deutsche Mess- und Eichgesetz (MessEG) legt die deutschen Anforderungen zur Umsetzung der europäischen Messrichtlinie in deutsches Recht um. Eine Ergänzung zum Eichgesetz findet sich in der Eichordnung. Diese trägt seit 2015 den Namen Mess- und Eichverordnung (MessEV). Die Anforderungen sind für sämtliche Messgeräte einzuhalten, um korrekte Messergebnisse zu gewährleisten und um dem Stand der Technik zu entsprechen.
Gemäß § 7 MessEG ist die Einhaltung der Anforderungen zu vermuten, sofern das Messgerät einer harmonisierten Norm entspricht. Die Einhaltung dieser Anforderungen ist gemäß § 13 durch Konformitätsbewertungsstellen zu beurteilen.
Geeichte Waagen haben eine Gültigkeitsdauer von 2 beziehungsweise 3 Jahren (bei einer Höchstlast von mindestens 3 Tonnen). Nachdem die Ersteichung vom Hersteller übernommen wird, können Sie die Nacheichung beim zuständigen Eichamt durchführen lassen. Neben den Nacheichfristen sollten Sie bei geschäftlicher oder amtlicher Nutzung auch die Meldepflicht der Waagen beachten.
Eichfähige Waagen und ihre Vorzüge
Eichfähige Waagen gewährleisten bei korrekter Eichung und Instandhaltung präzise Messergebnisse. Damit tragen sie zur Manipulationssicherheit bei. Bei modernen eichfähigen Waagen finden digitale Wägezellen immer größere Verbreitung. Bei dieser Vorgehensweise werden gemessene Ergebnisse unmittelbar in der Wägezelle selbst digitalisiert. Anschließend kommt es zur Übertragung an die Waagen Elektronik.
Diese umfasst eine Anzeige- und Auswerteeinheit. Bei eichfähigen Waagen bietet diese Form der digitalen Datenübertragung den Vorzug, dass es auf den Messleitungen in der Praxis kaum zu Störungen kommen kann.
Bei digitaler Waagenelektronik kommen Verschlüsselungstechniken zum Einsatz. Das heißt, dass die Datenübertragung von den Wägezellen zur Waagenelektronik auf verschlüsselte Weise erfolgt. Auf diese Weise lassen sich Messwerte vor fremden Zugriffen und Manipulationen schützen. Meist findet hier der Verschlüsselungsstandard AES Anwendung (Anvanced Encryption Standard). Der Ausschluss der Manipulation im Zuge der Datenübertragung ist ein wichtiger Beitrag zur Gewährleistung der Eichfähigkeit.
Die Übertragung der Messwerte eichfähiger Waagen lässt sich digital auch über kabellose Übertragungssysteme verwirklichen. Auf diese Weise sind die Aufnehmer galvanisch getrennt. Neben gegenwärtigen Messwerten können digitale Wägezellen gleichermaßen Fehlermeldungen und Statusmeldungen übertragen. Auf diese Weise sinken Kosten und Aufwand für die Instandhaltung.
Eichbehörden
Eichbehörden obliegt eine amtliche Prüfung der Richtigkeit von Gewichten und anderen Maßen. Diese haben den Maß- und Gewichtsgesetzen zu entsprechen. Verschiedene Eichbehörden übernehmen Prüfungen, nach denen Waagen als eichfähig zugelassen werden. Die Oberbehörde für Deutschland ist hierbei die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB). In anderen EU-Staaten finden sich gleichrangige Behörden, die ähnlichen Aufgaben nachgehen. Daneben gibt es in Deutschland unterschiedliche Landesbehörden. Diese werden von Landesregierungen bestimmt.
Es handelt sich um Eichdirektionen sowie Landesämter für Maße und Gewichte, die eine Überwachung und Kontrolle der Eichämter durchführen. Das entsprechende Prüfzeichen ist der Eichstempel.
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