Einsatz unterschiedlicher Prüfgewichte in verschiedenen Branchen
Um beim Wägen zuverlässige Ergebnisse zu erhalten, müssen Waagen regelmäßig geprüft werden. Bei diesem Vorgang kommen Prüfgewichte zum Einsatz. Waagen unterscheiden sich nicht nur in ihrem Aufbau oder in ihrem Messprinzip. Von Laborwaagen über Industriewaagen bis hin zu Schwerlastwaagen. Auch der Einsatzbereich spielt bei der Wahl der passenden Prüfgewichte eine entscheidende Rolle.
Was unterscheidet Waagen?
Das Wägen ist wahrscheinlich so alt wie die Zivilisation. Von jeher wollen die Menschen wissen, wie schwer das eine oder andere Gut ist. Im täglichen Handel wollten schon unsere Vorfahren genau vergleichen, welche Menge Ware sie für ihr Geld bekommen und was leichter oder schwerer wiegt. Mit einer Waage kann jeder auf einfache Art das Gewicht eines Produkts mit einem mehr oder weniger großen Aufwand wägen. Wegen ihrer hohen Funktionalität haben sich Waagen heute zu einem unverzichtbaren Instrument in vielen Bereichen des Handels, des Transports oder anderer Dienstleistungen entwickelt. Auch im medizinischen Bereich, wie etwa in Apotheken oder Laboren, gehört Wägen zum täglichen Geschäft. Natürlich gibt es die praktischen Messgeräte auch für den heimischen Gebrauch, etwa in Form von Küchen- oder Personenwaagen.
Art von Waagen – ein kurzer Überblick
Laborwaagen
Sie gehören praktisch zur Grundausstattung in jedem Labor. Entscheidend ist hier die exakte Messung im kleinsten Bereich. Laborwaagen können in Analysen- und Mikrowaagen sowie in Präzisions- und Feinwaagen unterteilt werden. Feuchtebestimmer können sogar den Feuchtegehalt von Produkten ermitteln.
Industriewaagen
In diesem Bereich ist die Auswahl riesig. Doch gleich, ob Paletten- oder Bodenwaagen, Zähl- oder Präzisionswaagen, Tisch- oder Durchfahrwaagen: Die Messgeräte in der Industrie müssen robust und belastbar sein und vielen Anforderungen standhalten.
Fahrzeugwaagen
Waagen aus diesem Bereich müssen robust und flexibel sein. Selbst unter schwierigsten Umstünden müssen sie exakte Messergebnisse liefern. Es gibt Achs- und Radlastwaagen sowie Brückenwaagen, die in der Lage sind, große Fahrzeuge wie LKW zu wägen.
Mobile Waagen
Sie lassen sich direkt zum Einsatzort bringen. Zu den mobilen Waagen zählen unter anderem Wiegehubwagen, Kranwaagen, Radladerwaagen oder Gabelstaplerwaagen.
Kontrollwaagen
Diese Messgeräte werden auch als Checkweigher bezeichnet. Das Wägen von Produkten erfolgt hier im schnellen Durchlauf. Unter- oder auch übergewichtige Produkte werden dabei automatisch aussortiert.
Das älteste Prinzip: Die Balkenwaage
Balkenwaagen wägen Güter nach einem denkbar einfachen Prinzip. Wenn auf den beiden Waagschalen einer gleicharmigen Balkenwaage rechts und links gleiche Massen liegen, dann sind beide Gewichtskräfte genau gleich. Und dann befindet sich die Waage auch im Gleichgewicht. Mit Massenstücken unterschiedlicher Größe auf der einen Seite wird die Masse auf der anderen Waagenseite bestimmt. Um präzise zu messen, bedarf es eines geeichten Wägesatzes.
Feinste Messgeräte: Elektronische Waagen
Elektronische Waagen arbeiten anders. Die Masse eines Guts bestimmen sie über elektronische Bauelemente. Das können etwa Dehnungsmessstreifen oder eine elektromagnetische Kraftkompensation sein. Die unterschiedlichen Prinzipien bei der Konstruktion haben verschiedene Auflösungen und Genauigkeiten. Die Masse wird nicht durch einen Vergleich gemessen. Das Gewicht, aus dem Masse hervorgeht, wird durch die Wägezelle bestimmt. Um präzise zu messen, bedarf es hier einer vorausgehenden Justierung mit exakten Referenzmassen.
Wichtig für genaues Messen: Prüfgewichte
Prüfgewichte sind Gewichte, mit denen die Messgenauigkeit von elektronischen Waagen überprüft wird. Dabei ist das Prüfgewicht das Normal. Es wird mit dem Wert, der von der zu überprüfenden Waage angezeigt wird, verglichen. Auf diese Art und Weise erfolgt die Kalibrierung des Messgerätes. Die passenden Prüfgewichte gibt es nicht nur für die verschiedenen Einsatzgebiete, sondern auch für sämtliche Messbereiche und Genauigkeitsklassen. Es gibt Prüfgewichte als einzelne Stücke in verschiedenen Bauformen und aus unterschiedlichen Materialien. Die Hersteller bieten darüber hinaus Prüfgewichte als Satz an.
Die Genauigkeit der Prüfgewichte
Gewichte für Waagen werden verschiedenen Genauigkeitsklassen zugeteilt. Grundlage dafür ist die Richtlinie R 111 der Internationalen Organisation für das gesetzliche Messwesen (OIML). Entsprechend der Richtlinie werden die Gewichte für Waagen nach ihrer Genauigkeit gegliedert. Maßgebend sind die Klassen E1 bis M3. Die höchste Genauigkeitsklasse ist die Klasse E1. M3 beinhaltet dagegen Gewichte für Messgeräte mit der niedrigsten Genauigkeit. Die OIML-Richtlinie R 111 legt darüber hinaus die zulässigen Fehlergrenzen fest.
Verschiedene Beispiele zeigen den Unterschied in den Genauigkeitsklassen:
- Bei einem Prüfgewicht von 1 g der Genauigkeitsklasse E1 beträgt die Fehlergrenze ± 0,01 mg.
- Bei der Genauigkeitsklasse F1 liegt die Toleranz bei ± 0,1 mg.
- In der niedrigsten Genauigkeitsklasse M3 beträgt die Fehlergrenze ± 10 mg.
Tipp: Ihre Prüfgewichte sollten Sie nach der Art Ihrer Waage und nach der von Ihnen gewünschten Genauigkeit auswählen. Achten Sie darauf, dass das ausgewählte Gewicht keine größeren Toleranzen als die Ablesbarkeit Ihrer Waage hat.
Genauigkeitsklassen der Prüfgewichte: Eine Übersicht
- Klasse E1: Das ist das am höchsten präzise Prüfgewicht. Es eignet sich für hochauflösende Waagen (d > 1.000.000).
- Klasse E2: Hierbei handelt es sich um ein genaues Prüfgewicht für hochauflösende Analysenwaagen der Eichklasse I (d >= 100.000 e).
- Klasse F1: Prüfgewicht für Präzisionswaagen und Analysenwaagen sowie der Eichklasse I / II (<= 100.000 e).
- Klasse F2: Prüfgewicht für Präzisionswaagen, die in der Eichklasse II eingruppiert sind (<= 30.000 e).
- Klasse M1: Prüfgewicht für Industrie- und Handelswaagen aus der Eichklasse (<= 10.000 e).
- Klasse M2: Prüfgewicht für Handelswaagen aus der Klasse III mit der Schrittzahl < 10 000.
- Klasse M3: Prüfgewicht für Handelswaagen aus der Klasse III aber mit der Schrittzahl < 3 000.
Welches Prüfgewicht Sie wählen, richtet sich danach, für welche Waage es zum Einsatz kommen soll. In der Praxis wird das Prüfgewicht E1 selten verwendet. Ein Prüfgewicht der Klasse E2 ist in den meisten Fällen bereits ausreichend. Prüfgewichte aus der Klasse E2 gibt es in unterschiedlichen Materialien, etwa Edelstahl oder Aluminium, aber auch aus Neusilber.
Kalibrieren und Justieren: Wo liegen die Unterschiede?
Ob Sie eine Waage kalibrieren oder justieren: Die beiden Wörter stehen nicht für die gleiche Tätigkeit. Wenn Sie eine Waage kalibrieren, nehmen Sie eine Prüfung zwischen der Anzeige Ihrer Waage und dem Kalibriergewicht vor. Etwaige Abweichungen berücksichtigen Sie dann bei der Bewertung des Messergebnisses. Beim Justieren Ihrer Waage stellen Sie die Waage auf das Prüfgewicht (neu) ein. Beim Kalibrieren gibt es keinen solchen Eingriff in das Messsystem. Sie können es also selbst vornehmen. Für das Justieren einer Waage ist ausschließlich ein Fachmann zuständig. Denn dabei wird in das Messsystem der Waage eingegriffen, sie könnte anschließend fehlerhafte Ergebnisse liefern, falls dieser Vorgang nicht fachgerecht durchgeführt werden sollte.
So werden Waagen mit einem Prüfgewicht kalibriert
Die Waage sollte dabei mindestens 12 h in Betrieb gewesen sein, um ihre optimale Betriebstemperatur zu haben. Dann legen Sie ein, oder mehrere Prüfgewichte auf die Lastplatte und lesen das Ergebnis ab. Sinnvollerweise sollten die Punkte des Wägebereiches der Waage geprüft werden, bei denen die bestmögliche Messgenauigkeit gefordert ist.
Stellen Sie Abweichungen fest, sollten Sie diese bewerten und danach entscheiden, ob eine Justage, also ein Eingriff durch einen Fachmann notwendig ist.
Tipp: Nach jedem Ortswechsel kalibrieren Sie Ihre Waage am besten mit dem Prüfgewicht neu. Denn auf das Ergebnis beim Wägen hat die Gravitation an einem Ort durchaus einen Einfluss.
Verschiedene Prüfgewichte für Waagen im Handel
Beim Kauf von Prüfgewichten haben Sie die Wahl zwischen einzelnen Gewichten und Sets aus mehreren Gewichtsstücken. Einfache Sets enthalten in der Regel Stücke zu 50 Gramm, zu 100 Gramm, zu 200 Gramm sowie zu 500 Gramm. Im Vergleich zu einzelnen Gewichten sind Sets günstiger. Wie teuer die Prüfgewichte oder Sets sind, hängt unter anderem vom verwendeten Material und der Set-Größe ab. Die meisten Prüfgewichte im Handel sind aus Gusseisen oder aus Edelstahl gefertigt. Je schwerer ein Prüfgewicht ist, desto höher ist sein Preis.
Gibt es auch Prüfgewichte für Schwerlasten?
Die Höchstlast bei Industriewaagen kann leicht bei mehreren Tonnen liegen. Auch solche Messgeräte werden mit Schwerlastgewichten, etwa Prüfgewichte für einen Kran oder Prüfgewichte für einen Aufzug, geprüft. Dabei kommt es unter anderem auf Empfindlichkeit, Linearität und Eckenlastabweichung der Waage an. Die Prüfgewichte für einen Kran liegen meist im Bereich 200 kg, 500 kg bis zu 1 t und 2 t. Wegen der Hubkapazität von Gabelstaplern und Kränen wiegen die Prüfgewichte für einen Aufzug oder Kran oft aber weniger als 2 t. Um ein höheres Gewicht zu erreichen, können mehrere Gewichte kombiniert werden.
Prüfgewichte für Waagen kaufen: Darauf müssen Sie achten
- Die Art des Prüfgewichts hängt vor Ihrer Waage ab
- Lesen Sie vor dem Kauf genau die Anleitung Ihrer Waage
- Für eine einzelne Waage reicht in der Regel ein Prüfgewicht aus
- Größere Sets sind eher für Labore und ähnliche Einrichtungen geeignet
- Machen Sie auch das Material zu einem Kriterium Ihrer Kaufentscheidung
- Achten Sie auf die Abweichung (Genauigkeit): Je geringer sie ist, desto präziser können Sie Ihre Waage kalibrieren
- Achten Sie auf die beiliegende Beschreibung des Sets oder einzelnen Gewichts
- Es sollte sich für Ihre Waage (z.B. Goldwaage, Feinwaage oder Digitalwaage) eignen.
Der beste Platz für Ihre Waage
Achten Sie auch auf den optimalen Standort für Ihre Waage. Auch er ist ausschlaggebend für genaue Ergebnisse. Der perfekte Wägeplatz:
- Hat eine möglichst konstante Temperatur und Luftfeuchtigkeit
- Ist erschütterungsarm
- Hat keine Sonneneinstrahlung und keinen Luftzug
- Erweist sich als besonders stabil
- Hat einen antistatischen und antimagnetischen Untergrund
- Laborwaagen sollten möglichst auf einem speziellen Wägetisch positioniert werden
FAQ: Häufig gestellte Fragen über Prüfgewichte
Was bedeutet OIML?
OIML ist eine Abkürzung und steht für die Internationale Organisation für das gesetzliche Messwesen. Die Reihung der Buchstaben ergibt sich aus dem französischen Namen für die Vereinigung: Organisation Internationale de Métrologie Légale. Gegründet wurde die OIML am 12. Oktober 1955 in der Hauptstadt Frankreichs, Paris. Ihr deutscher Name ist: Internationale Organisation zur Regelung der messtechnischen Belange im gesetzlichen Eichwesen.
Was ist ein Eichgewicht?
Der Begriff wurde früher häufiger verwendet und beschreibt ein Gewicht, das zur Eichung von Waagen benutzt wird.
Was ist ein Prüfgewicht?
Gewichte für Waagen dienten bei mechanischen Waagen einst als Vergleichsgewicht für das aufgelegte Gut. Moderne, elektronische Waagen benötigen diese Gewichte heute nicht mehr. Als Prüfgewichte dienen sie heute der Kontrolle der Messgenauigkeit, bzw. zum Kalibrieren von Waagen.
Dabei ist das Prüfgewicht das Normal. Mit ihm wird der Wert, den das Messgerät anzeigt, verglichen.
Welche Gewichte enthält der Gewichtssatz?
Welche Prüfgewichte für Waagen ein Gewichtssatz enthält, hängt von der Art seines Einsatzes ab. Für Laborwaagen bietet der Handel Sätze ab einem Milligramm bis zu ca. 10 kg.an. Es gibt auch Gewichtssätze für Schwerlastwaagen. Hier sind Gewichte von 200 Kilogramm, 500 Kilogramm bis zu 1 Tonne und 2 Tonnen enthalten.
Welche Prüfgewichte für welche Waage?
Prüfgewichte der höchsten Genauigkeitsklasse E1 eignen sich für hochauflösende Waagen. Für Präzisionswaagen und Analysenwaagen empfehlen sich Prüfgewichte der Klasse F1. Für Handelswaagen sind Prüfgewichte der Klassen M1, M2 oder der Klasse M3 ausreichend.
Wie oft müssen Gewichte geeicht bzw rekalibriert werden?
Das hängt davon ab, wofür sie verwendet werden. In der Regel werden Eichgewichte, also Gewichte die zur Eichung von Waagen benutzt werden, jährlich neu geeicht. Die Eichung von Gewichten und Waagen wird gesetzlich geregelt. Sie ist immer dann vorgeschrieben, wenn der Betreffende am sogenannten “eichpflichtigen Verkehr” teilnimmt. Das kann neben dem Verkauf von Waren und Gütern nach Gewicht auch die Berechnung von Gebühren nach Gewicht sein. Genaue Angaben zum “eichpflichtigen Verkehr” finden sich im Eichgesetz.
Prüf- bzw. Kalibriergewichte unterliegen verschiedenen Rekalibrierfristen. Diese richten sich in der Regel nach den Forderungen der jeweiligen Qualitätssicherungssysteme, bzw. nach den Vorgaben der DAkkS (Deutsche Akkreditierungstselle), falls diese Gewichte zur Erstellung von DAkkS-Kalibrierscheinen verwendet werden.Werden diese Gewichte allerdings auch zur Nacheichung von Waagen benutzt, unterliegen sie ebenfalls einem Zyklus zur Rekalibrierung von einem Jahr.
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